Welcher Arzt kennt sich mit Burnout aus?
Jeder qualifizierte Hausarzt sollte die Lage erkennen und eine bestimmte Symptomkonstellation dem Burnout zuordnen können. Allerdings gibt es Faktoren, die sogar Psychiater übersehen können:
Hierzu ein Auszug aus dem Geleitwort von Dr. Gunther Schmidt aus dem Buch Burnout-Prävention und -Intervention, erschienen bei Springer Gabler (Johannes Faupel, 2020):
„Da eben wie erwähnt Burnout gar nicht als ICD-Diagnose geführt, neigen viele Psychiater-Kollegen dazu, ihn einfach als Depression zu bewerten und so zu behandeln. Wie unsere Arbeit aber in vielen hunderten Fällen zeigt und die typische Entwicklung und auch die damit in Verbindung stehende Biographie von Menschen betrachtet, die eine Depression entwickeln und sie vergleicht mit der von Menschen, die einen Burnout entwickeln, so findet man in den meisten Fällen deutliche Unterschiede. In dieser Hinsicht bin ichmir z. B. auch mit meinem Freund Joachim Bauer einig, der auf diese Zusammenhänge ebenfalls hinweist (Bauer 2015).
Menschen, bei denen starke Depressionen diagnostiziert werden, haben oft eine lange Geschichte starker Selbstzweifel und schwachen Selbstwertgefühls, oft verbunden mit massiven Ängsten, auch Misserfolgserfahrungen usw. hinter sich, häufig nach vielen entwertenden und enttäuschenden Erfahrungen schon früh in ihren relevanten Beziehungen, Menschen, die einen Burnout entwickeln, beginnen fast immer mit starkem Selbstwert und Selbstbewusstsein, damit verbunden mit großem Enthusiasmus und oft größerem und auch bemerkenswert erfolgreichem Engagement in ihrer Arbeit oder sonstigen Tätigkeitsfeldern.
Dabei übernehmen sie viel Verantwortung „für das größere Ganze“, wenn dies dann aber nicht erreicht wird, steigern sie ihr Engagement noch mehr bis zu massiver Selbstausbeutung, wobei der innere Druck, oft aber auch ein gewisser Zynismus und Verbitterung immer größer werden, sie aber dennoch an den gewohnten Strategien festhalten, bis eben die Burnout-Entwicklung sie begrenzt und quasi signalisiert „bis hierher und nicht weiter“.
Diese Haltungen drücken aber keineswegs Schwäche oder geringe Belastungsfähigkeit aus, sondern gerade das Gegenteil und sie sind das Ergebnis von Haltungen hoher Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, von Bereitschaft zu engagiertem Einsatz weit über das üblicherweise erwartete Maß hinaus, auch von starker Loyalität z. B. der Firma gegenüber, in der jemand arbeitet und auch von Visionsfähigkeiten (denn das Engagement wird gemacht für Ziele, die als sehr sinnvoll angesehen werden und die man als Vision in sich trägt).“